Sieht man sich einer Privatinsolvenz gegenüber oder steckt mitten im entsprechenden Verfahren, dann hat man mit vielen Regelungen und Begriffen zu tun. Den Verlauf und das Ende der privaten Insolvenz markieren dabei die Wohlverhaltensphase und die Restschuldbefreiung. Doch was bedeuten Wohlverhaltensphase und Restschuldbefreiung? Das klären wir in diesem Ratgeber, damit Sie endlich eine Antwort auf die Frage haben.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Wohlverhaltensphase?
Hat sich eine Person Schulden aufgeladen, die nicht zurückgezahlt werden konnten, und endete dies in einer Verschuldung sowie Privatinsolvenz, so hat dies Konsequenzen. Eine dieser Konsequenzen ist die Wohlverhaltensphase, ein Zeitraum also, in dem bestimmte Bedingungen gelten und in der die Schuldnerin / der Schuldner bestimmte Regeln einhalten bzw. Einschränkungen hinnehmen muss. Dies wird alles mit dem Begriff „Obliegenheiten“ zusammengefasst.
Wann beginnt die Wohlverhaltensphase?
Die gute Nachricht ist, dass dieser Zeitraum bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt. Das Ende der Wohlverhaltensphase oder auch Wohlverhaltensperiode rückt somit schon während der ersten Verhandlungen näher.
Wie lange dauert die Wohlverhaltensphase / Wohlverhaltensperiode?
Die Wohlverhaltensperiode, die in Verbindung mit der Privatinsolvenz steht, kann verschieden lang sein. Der kürzeste Zeitraum beträgt drei Jahre. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass der Zeitraum fünf Jahre oder sechs Jahre lang ist. Das kommt zuerst auf den Zeitpunkt des Insolvenzantrags und auch auf den Verlauf der Abtretungsfrist an.
Was sind Obliegenheiten in der Wohlverhaltensperiode?
Obliegenheiten sind Pflichten, die der Schuldner / die Schuldnerin hat. So muss die Person z. B. einen Erwerb durch Arbeit erwirtschaften oder sich zumindest um einen Arbeitsplatz bemühen. Damit nicht genug, denn kommt es in dem Zeitraum etwa zu einem Erbe, dann ist die Hälfte des Werts an den Treuhänder (Schuldenverwalter) abzugeben. Weiterhin sind Auskünfte zu Wohnortwechsel oder Änderungen im Arbeitsverhältnis zu erteilen. Alle Details finden Sie in der Insolvenzordnung (InsO) bzw. bei der Schuldnerberatung.
Welche Lohn-Obliegenheit gilt für insolvente Selbstständige?
Schuldner oder Schuldnerinnen, die einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen, werden in dem Vorgehen angeglichen. Bei ihnen zählt nicht das tatsächliche Einkommen, das ja immer wieder schwanken kann, sondern es wird ein Einkommen aus einem vergleichbaren Angestelltenverhältnis angesetzt.
Was folgt auf die Wohlverhaltensphase bei der Privatinsolvenz?
Wurden in der Wohlverhaltensperiode alle Obliegenheiten erfüllt / eingehalten, dann kann nach drei Jahren (bei Insolvenzanträgen vor dem 30. September 2020 auch länger) die Restschuldbefreiung erfolgen. Dafür muss zuvor aber der pfändbare Teil des Erwerbs abgetreten worden sein. Und auch andere Mittel zur Begleichung der Schulden dürfen nicht zurückgehalten worden sein.
Was bedeutet Restschuldbefreiung?
Nach der Wohlverhaltensphase folgt also die Restschuldbefreiung. Diese sagt schon mit ihrem Namen aus, was passiert: die restlichen Schulden werden, so sie nicht beglichen werden können oder nicht als Forderungen von Gläubigern eingereicht werden, erlassen. Zudem gibt es weitere Möglichkeiten, wie es zu einer Restschuldbefreiung – noch vor Ablauf der drei, fünf oder sechs Jahre – kommen kann.
Kann die Restschuldbefreiung früher eintreten?
Ja, es kann eine vorzeitige Restschuldbefreiung geben. Beläuft sich die Wohlverhaltensphase bzw. die Abtretungsfrist nicht bereits auf 3 Jahre (sondern auf 5 oder 6 Jahre) oder auf 5 Jahre (sondern auf 6 Jahre), dann kann sie in folgenden Fällen verkürzt werden:
- Privatinsolvenz und Restschuldbefreiung nach drei Jahren: Wenn Insolvenzforderungen zu 35% getilgt und die Verfahrenskosten bezahlt wurden
- Privatinsolvenz und Restschuldbefreiung nach fünf Jahren: Wenn die Verfahrenskosten bezahlt wurden
- Privatinsolvenz mit früherer Restschuldbefreiung: Wenn schon nach unerwartet kurzer Zeit die Insolvenzforderungen zu 35% getilgt und die Verfahrenskosten bezahlt wurden
Welche Wirkung hat die Restschuldbefreiung?
Die Restschuldbefreiung sorgt dafür, dass die Forderungen aller Gläubiger aufgehoben werden. Das gilt auch für jene, die nicht am Verfahren teilgenommen haben und deren Forderungen nicht Teil der abzuzahlenden Schuldenmasse waren. Negative Einträge bei der Schufa, die mit der Sache zu tun haben, werden als „erledigt“ markiert und nach drei Jahren gelöscht. Weitere Regelungen finden Sie in §301 InsO.
Was bedeutet die Versagung der Restschuldbefreiung?
Die Restschuldbefreiung kann einem Schuldner / einer Schuldnerin auch versagt werden, wenn bestimmte Ereignisse eintreten oder Obliegenheiten nicht beachtet wurden. Genaues regelt dabei §290 InsO, hier aber ein paar Beispiele:
- Eine Straftat nach §§ 283 bis 283c, also z. B. Bankrott, besonders schwerer Fall des Bankrotts, Verletzung der Buchführungspflicht oder Gläubigerbegünstigung
- Es wurden von der Schuldnerin / dem Schuldner unrichtige oder nicht vollständige Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht
- Es gibt bereits Anträge zur Restschuldbefreiung (in anderen Insolvenzanliegen), die bspw. nicht lange genug zurück liegen – also ist die aktuelle Situation eine erneute Verschuldung nach zu kurzer Zeit
- Im Insolvenzverfahren ist der Schuldner / die Schuldnerin der Mitwirkungspflicht oder der Auskunftspflicht nicht nachgekommen bzw. ist dabei grob fahrlässig vorgegangen
- Weitere Beispiele gibt es z. B. im Wikipedia-Artikel zum Thema
Literaturhinweis zu Wohlverhaltensphase und Restschuldbefreiung
Die Insolvenzordnung (InsO) finden Sie mit allen 359 Paragraphen, Absätzen, Sätzen und weiteren Teilen auf der Seite für Gesetze im Internet vom Bundesamt für Justiz. Klicken Sie einfach auf diesen Link, um die einzelnen Paragraphen aufzurufen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Insolvenzverfahren, in der Wohlverhaltensperiode sowie für die Restschuldbefreiung. Möge sich der Schulden-Fall nicht wiederholen.